Versuch2 - Prisma
|
Prisma
Dr. Josef Fliegner Sperberweg 12
51381 Leverkusen
14.07.03
Redaktion Prisma
prisma GmbH & online KG
Stolkgasse 25-45
50667 Köln
Glosse "Sprachverrenkungen" (Prisma 28/2003 S. 2)
Sehr geehrter Herr Hartlap,
in Ihrem Kurzkommentar vergleichen Sie den Verein Deutsche Sprache mit einer Sprachpolizei und betrachten ihn als Abkömmling eines deutschtümelnden Sprachpurismus. Der Kernsatz lautet: "Sprache verrät Gesinnung." Anscheinend möchten Sie diese als fremdenfeindlich verurteilen.
Gestatten Sie mir dennoch einige Klarstellungen und Anregungen.
· Der "Feind" heißt nicht Englisch, sondern Denglisch, leider ein durchaus hausgemachtes Leiden unserer, wie ich hoffe, bislang gemeinsamen deutschen Sprache. Es geht eigentlich gar nicht um den Fremdsprachenunterricht, sondern um die Bewahrung und Förderung der deutschen Sprachkultur. Diese sollte allerdings auch nicht durch das Vorziehen einer Fremdsprache Schaden nehmen.
· Der von Ihnen anscheinend beanstandete Wahlvorschlag für den Sprachpanscher 2003 lautet wortwörtlich :
"( ) Die deutsche Kultusministerkonferenz Hat uns den Bachelor, die Neue Rechtschreibung, PISA, Englisch ab der dritten Volksschulklasse und den Girls' Day eingebracht. Wenn jemals auf der Welt der Bock zum Gärtner wurde, dann hier."
Hierbei handelt es sich doch wohl um ein Aufbegehren von unten, also Kritik des Sprachvolkes an seiner pflichtvergessenen Obrigkeit. Das sollte in einer demokratischen Gesellschaft nur erwünscht sein.
Sie aber verulken diese auf Reform abzielende Sprachkritik als Polizeimaßnahme. Lassen Sie sich lieber für den Schutz der deutschen Sprache aufschließen. Als Verbündeter könnten Sie uns ebenso gut helfen wie Prof. Joseph Weizenbaum aus den USA.
|
Zum Vergleich nun der Text der oben kommentierten Glosse:
Detlef Hartlap: Sprachverrenkungen (aus: Prisma 28/2003, S. 2)
Die Sprachpolizei geht wieder um. Die selbst
ernannten Ordnungshüter vom Verein
Deutsche Sprache e.V. fahnden
nach dem
"Sprachpanscher 2003".
Zu den Kandidaten, die mit diesem Titel gestraft
werden, gehört diesmal die Kultusministerkonferenz.
Ihr Vergehen: Sie erwägt die Einführung
des Englischunterrichts im Vorschulalter.
Das ist zwar durchaus sinnvoll,
denn fürs Sprachen erlernen gilt:
Je früher, desto leichter.
Doch ist es wohl das eher Feindbild englisch,
das die Sprachhüter verdrießt,
womit sie an Torheiten aus Kaiser Wilhelms
Zeiten anknüpfen. Sprache verrät Gesinnung.
In deutschen Medien darf kaum ein Jude einfach Deutscher sein.
Notorisch wird seine Identität einfach
mit dem Bekenntnis gekoppelt.
In den USA gilt "Afroamerikaner" für Farbige als
politisch korrekt (was bei uns nachgeäfft wird),
obwohl es eher diskriminiert.
Oder wäre es denkbar, einen weißen US-Bürger in
ähnlicher Sprachverrenkung mit dem Zusatz
"Euroamerikaner" zu belegen?